Miri, unser Dreibeinchen
Weihnachten 2018 spürte ich einen nussgroßen Knoten am linken Vorderbein der 6-jährigen Glückskatze Miri. Bei der nächsten Schmuserunde fand ich den Knoten nicht mehr. Es dauerte ein paar Tage bis ich den Knoten sicher lokalisieren konnte.
Im Februar 2019 wurde der Knoten so gut es ging entfernt. Der Tumor war mit dem Muskel verwachsen und konnte nicht ganz entfernt werden. Das Gewebe wurde eingeschickt und untersucht. Es war ein Fibrosarkom und sehr bösartig. Es war ein lokaler Tumor, das heißt, es macht normalerweise keine Metastasen. Leider stellte ich nach ein paar Monaten fest, dass das Kerlchen wieder wuchs und langsam grösser wurde.
Im Februar 2020 wurde nochmal eine Biopsie gemacht um den Tumor genau zu untersuchen und eine Therapie herauszufinden. Das Ergebnis war niederschmetternd für uns. Es gibt keine Heilung, das einzige was möglich war, war das Beinchen zu amputieren.
Wir hörten immer wieder, dass Hunde und Katzen sehr gut mit 3 Beinen zugange kommen. Auch im Internet fand ich solche Berichte. OK, körperlich sollte das für die fitte Katze kein großes Problem sein, aber psychisch? Dazu muss man wissen, dass Miri total aggressiv war als ich sie fand und alles und jeden angriff. Ich fütterte sie auf dem Spielplatz an indem ich bei ihr saß und ruhig mit ihr sprach. Langsam fasste sie Vertrauen, zog bei uns ein und wurde eine richtige Schmusekatze mir gegenüber. Ich bin ihre große Liebe. Ich hatte Angst, dass wir wieder von vorne anfangen müssen. Was ich einmal schaffte, schaffe ich auch noch ein zweites Mal, war ich überzeugt.
Wir planten weiter. Es wurde eine CT gemacht um sicher zu sein, dass keine Metastasen vorhanden sind. Alles gut, und wir machten einen OP-Termin.
Am 23. April 2020 wurde der Kleinen das Beinchen amputiert. Drei Tage später konnte ich sie mit vielen Schmerzmitteln im Gepäck abholen.
Sie war kaum aus der Box, da futterte sie schon eine ganze Portion. Wir hatten sie im Schlafzimmer einquartiert. Unter dem Dachfenster steht ein ca. 80 cm hohes Regal. Beim ersten Versuch da raufzuspringen, stürzte sie ab. Damit sie aufs Bett kam, hatten wir eine Treppe aus einer Schachtel und einem dicken Kissen gebaut. Da kletterte sie rauf und sah bald, dass sie von da über den Nachttisch auf das Regal kam. So konnte sie aus dem Fenster schauen. Zwei Stunden später schaffte sie es schon auf das Regal zu springen. Natürlich musste sie sich immer mal wieder ausruhen.
So kann Miri natürlich keinen Schönheitswettbewerb gewinnen. Aber wenn das Fell nachgewachsen ist, sieht man davon ja nichts mehr.
Sie erholte sich sehr gut. Schon am nächsten Tag flitzte sie an mir vorbei als ich die Türe öffnete und rannte drei Treppen runter zur Katzenklappe. Die war zum Glück auf Eingang gestellt (wir haben noch Schnurrli, und der musste seinen Eingang haben. Wenn er raus wollte, spielten wir Portier.) Vor der Klappe holte ich die Kleine dann ab. Sie war über ihre Flucht so erschrocken, dass sie danach keinen Fluchtversuch mehr startete.
Erleichtert bin ich, dass sie immer noch die gleiche Schmusekatze ist. Ihrer Seele hat die OP gar nicht geschadet.
Eine Woche nach der Operation schrie sie in der Nacht immer mal wieder. Gegen Morgen beruhigte sie sich und wir beschlossen mal abzuwarten. Gegen Mittag ging die Schreierei wieder los. Super, es war Donnerstag und am Nachtmittag war die Tierarztpraxis geschlossen. Ich rief trotzdem an und konnte die Kleine über Mittag abliefern. Miri hatte Phantomschmerzen. Mit Morphium wurde sie erst mal schmerzfrei gemacht und dann auf ein neues Medikament eingestellt.
Elf Tage nach der Operation wurden die Klammern entfernt und ich durfte unser Kätzchen wieder nach Hause holen.
Das sieht doch schon ganz passabel aus
Mit dem neuen Medikament kam sie gut zurecht. Sie bekam ihren geliebten Freigang wieder und hoppelte erst noch wacklig, bald aber ganz sicher durch die Gegend.
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Langsam gehen scheint anstrengend zu sein und nach längeren Strecken muss sie erst mal ausruhen. Rennen geht sehr gut, da sieht man gar nicht, dass sie nur drei Beine hat.
Leute mit Katze oder Hund sehen sofort, dass ein Beinchen fehlt. Tierlose Leute fragen: «Ist sie verletzt, sie läuft so komisch» Die realisieren gar nicht dass da ein 3-Beinchen unterwegs ist.
Drei Wochen nach der Operation brachte sie ihre erste Maus nach Hause. Dann ging es Schlag auf Schlag mit den Nagern. Wir wurden gut versorgt.
Wenn man das Model von der rechten Seite sieht, merkt man gar nicht, dass ein Beinchen fehlt.
Fünf Wochen nach der Operation hatten wir unser fröhliches Kätzchen wieder. Sie macht wieder alles wie vorher. Sie ist allerdings vorsichtiger geworden und nicht mehr gar so eine Draufgängerin. Was ich gut finde, denn vorher lebte sie teilweise gefährlich.
Ich bewundere diese kleine, tapfere, starke Schmusekatze. Sie meistert ihr Leben vorbildlich.
Gut drei Monate nach der Operation versuchten wir es ohne das Schmerzmedikament. Nach einer Woche kamen die Phantomschmerzen wieder. Also bekam sie das Medikament weiterhin. Laut Tierärztin können wir nur von Zeit zu Zeit ausprobieren, ob sie das Schmerzmittel noch braucht. Inzwischen bekommt sie seit drei Wochen nichts mehr und bis heute blieb sie ohne Schmerzen. Wir hoffen, dass das jetzt so bleibt.
© Oktober 2020 maggi/Margrit (Schweiz)